Musik und Theater wirken unmittelbar.
Kunst wirkt am besten direkt. Nicht am Bildschirm, nicht gestreamt, sondern wenn „Sender“ und „Empfänger“ nah beieinander sind. Am besten mit Sichtkontakt. Gemeinsames Erleben im Jetzt und Hier macht den Unterschied. Nicht nur in der Kunst. Bernd Julius Arends hatte als Kind viele „Live-Erlebnisse“, die damals niemand so genannt hätte und die ihm seine Omas beschert haben: Kuchen backen, dabei naschen, Lieder singen und vieles mehr. Ohne YouTube-Anleitung, ohne Thermomix, dafür mit Aufmerksamkeit und Zuwendung. Nach seinen Omas hat er sein Theater benannt. Das KATiElli an der Castroper Straße.
Theater ist intim und unmittelbar
„Das Theater ist so klein, dass man auch in der letzten Reihe jede Träne im Augenwinkel eines Darstellers sieht. Das ist sehr intim und total live“, so Arends. „Ausflüge zu Film und Fernsehen, haben mir keinen Spaß gemacht“, sagt er. „Denn jeder Film ist so gut wie sein Cutter. Jede Szene kann so oft wiederholt werden bis alles stimmt. Theater – das ist live und unmittelbar. Das ist ein Kick und ein Glück.“ Darsteller und Zuschauer erleben dieselben Emotionen im selben Moment. Bei Stücken, in denen es um existenzielle Fragen und Probleme geht, gab es nach Vorstellungen schon Gesprächsangebote der Künstler an die Zuschauer. So haben sie das gemeinsam Gefühlte miteinander besprochen.
Ein wenig Farbe
In dem neuen Stück „Ein wenig Farbe“ – einem Ein-Personen-Musical, verkörpert Arends eine trans-Frau. Doch er spielt noch zwölf weitere Charaktere. Die Ehefrau, den Sohn, die Mutter und andere. Dabei muss er etliche Male live im Kopf „umschalten“ – zugleich glaubwürdig bleiben. Authentisch in jeder Rolle. Und das, obwohl er sich weder umschminken noch umziehen kann. So etwas fordert einem nur das Theater ab: Live zu einem anderen Charakter zu werden. Mit all seinen Gefühlen. „Wenn das Publikum wirklich ergriffen und bewegt ist, dann klatscht es nicht sofort. Dann wird es erst ganz still, bevor der Applaus losbricht.“ Und das passiere nur, wenn der Funke überspringt – bei allen Beteiligten im selben Moment. Live. Im KATiELLi, das in diesem Jahr sein 15-jähriges Bestehen feiert, ist das schon oft passiert.
Das KATiELLi-Theater
Castroper Straße 349 · Datteln · 02363 1849304
info@katielli.de · katielli.de
Live-Erlebnisse an der Musikschule
Auch Karina Stieren liebt das Live-Erlebnis. Die Profi-Musikerin unterrichtet an der Musikschule Geige und Klavier. Manchmal spielt sie einfach nur für sich selbst und kann dabei hervorragend entspannen. Auch ihre Schülerinnen und Schüler machen einen entspannten Eindruck. Generationenübergreifend. Selma, Oriana und Jiajia sind acht, neun und elf Jahre alt und spielen seit zwei bis drei Jahren Geige. Jetzt auch im neu gegründeten Kinder-Ensemble „Klangwellen“, wo sie zusammen mit anderen. Jungen und Mädchen ebensolche Wellen erzeugen und aussenden.
Alle Generationen spüren die Musik
Gudrun Kaschmer ist 73 und spielt schon seit 30 Jahren Cello. Auch sie besucht die Musikschule regelmäßig, um in der Kammermusikgruppe „Klassik al dente“ mitzuwirken und erfreut sich am gemeinsamen Klangerlebnis und dem Austausch mit anderen Menschen. Dazu muss man live zusammen sein. Anders geht es nicht. Das Ehepaar Wanaki spielt Klavier und Cello. So verbringen die beiden viele Abende. Schwingungen im ganzen Haus.
Die zwei IT-Fachleute lieben handgemachte Musik. Demnächst wollen sie auch noch Geige lernen. Ein Hobby fernab von elektronischen Datenbanken und Software-Engineering. „Zuerst hatte ich ein elektronisches Klavier“, sagt David Wanaki. „Aber das war nicht so echt.“ Jetzt hat er ein „richtiges“. Auch Söhnchen Johannes macht schon Livemusik. Der Zweijährige besucht an der Musikschule die Gruppe „Musikzwerge“ und liebt es, Töne zu hören und zu erzeugen.
miteinander. Foto: Andre Chrost
Die Resonanzwellen erreichen jeden
Musiklehrerin Karina Stieren sagt, Kinder könnten sich auch am wiederholten Spielen eines einzigen Tones erfreuen, wohingegen sich die älteren beim Üben sehr unter Druck setzen. Die Lehrerin hat mehrere Jahre als Berufsmusikerin in einem Orchester gespielt. Aber sie wollte „mehr selbst gestalten“, denn als Orchestermusikerin sei sie in erster Linie Ausführende. Bei ihren Schülerinnen und Schülern möchte sie die Lust auf´s Musikmachen säen, wichtige Impulse geben. Und wenn sie jetzt manchmal ein Konzert gibt, dann spürt sie sehr bewusst die Resonanz des Publikums, das sie „mit Musik fröhlich und traurig machen“ könne. Musik löst Gefühle aus.
Und diese kommen zu den Musizierenden zurück. Das geht nur live. Und weil das offenbar viele Menschen so erleben, kann die Musikschule, an der über 1000 Schülerinnen und Schüler aktiv sind, jetzt ihr 60-jähriges Jubiläum feiern. Die große Gala ist am 27. September in der Stadthalle. Eines von vielen besonderen Live-Erlebnissen in der Kanalstadt.