Gemeinsam spinnen? Aber ja, frohlocken Damen aus Datteln und Oer-Erkenschwick und stellen ihre Spinnräder im Dattelner Dorfschultenhof auf.
Gemeinsam spinnen? Aber ja, frohlocken 13 Damen aus Nah und Fern und stellen ihre Spinnräder im Dattelner Dorfschultenhof auf. Da wird es schon fast ein wenig eng im historischen Kaminzimmer, das dem ersten Vestischen Spinn- und Handarbeitstreff der VHS einen zauberhaften Rahmen gibt. Nicht nur die Zahl 13 passt zum Märchen von Dorn röschen, das sich an der Spindel gestochen hatte. Eine der 13 Feen hatte es ja prophezeit! Auch hier werden die Spindeln von flinken Händen gedreht. „Aber stechen kann man sich nicht“, schmunzelt Maren Gerards. Die gebürtige Dattelnerin und zweite Vorsitzende der Handspinngilde e.V. hält auf dem heimischen Reiterhof in Witten Herbede selbst 24 Schafe für ihre eigenen Wolle.
Sie ist der rote Faden zwischen den Spinnerinnen, die aus Datteln, Oer-Erkenschwick, Gelsenkirchen, Bochum und Gevelsberg zum ersten offenen Spinntreff gekommen sind. Einige haben bei ihr das uralte Handwerk aus der Steinzeit gelernt, in Kursen in verschiedenen Orten. Und wer den Faden einmal aufgreift, bleibt verbunden. „Spinnerinnen sind ein reiselustiges Volk. Um ihrem Hobby nachgehen zu können, nehmen sie große Entfernungen in Kauf“, lächelt Maren Gerards. Nicht nur in Spinnkursen, auch auf den Woll- und Handwerksmärkten in der ganzen Republik. Viele der Spinnerinnen kommen vom Stricken und Häkeln. „Irgendwann wollte ich meine Wolle selbst färben und spinnen“, erzählt Heike Klein aus Oer-Erkenschwick. Inzwischen webt sie sogar ihre Kleider selbst für ihre Auftritte auf Mittelaltermärkten. „Wenn man einmal damit anfängt, kommt man nicht mehr davon los.“
Barfuß, auf Socken oder mit Schuhen bewegen sich rhythmisch 26 Füße auf den Tritten der Spinnrä- der. Gabriele Gonstalla aus Oer Erkenschwick verzwirnt zwei Einfachgarne mit einer Handspindel: „Das gibt besonders feines Garn!“ Und handlich ist sie auch, „man kann sie überall mit hinnehmen“. Beim gemeinsamen Spinnen lässt sich herrlich klönen. Die Teilnehmerinnen bekommen wertvolle Tipps, tauschen Erfahrungen aus. Spinnen heilt die Seele, sagt Ghandi. Spinnen beruhigt. „Mein Mann schläft jedes Mal neben meinem Spinnrad ein“, bestätigt Monika Hasenauer aus Bochum.
Auf dem heimischen Herd färbt sie mit ihrer Tochter in großen Gastrobehältern ihre Wolle biologisch wertvoll in den schönsten Farben. Getrocknet auf dem Wäscheständer auf Balkon oder in der Wohnung verkauft sie die gesponnene Wolle in ihrem Onlineshop oder auf Wollmärkten. Lisa Taylor ist mit 39 Jahren die jüngste, die heute hier spinnt. Aber schon seit zehn Jahren ist sie dem Hobby verfallen – und den Spinnrädern: „Ich muss alle vor dem Sperrmüll retten“, lacht sie. Die zierlichen Holzgestelle zieren ihre Wohnung und den Garten. An fing es mit Deko-Spinnrad der Uroma, seufzt sie: „Es ist so herrlich entspannend“. „Und nachhaltig“, ergänzt Patricia Gerards, stellvertretende VHS-Leiterin in Datteln: „Wir möchten den historischen Dorfschultenhof auch wieder mit traditionellem Handwerk beleben wie in alten Zeiten“.